aktiv!magazin Herbst / Winter 2014 - page 7

Walter Beltinger
kann das nur unterschreiben. Oft hat der 94-
jährige einzig durch eine Fügung des Schicksals überlebt.
Heute genießt er seinen Lebensabend in Mainburg S bei
bester Laune. Trübsinn blasen ist für den humorigen Herrn
keine Option.
Geboren wurde Walter Beltinger in Hohenaschau aim schönen
ChiemgauQ,
wie er noch heute schwärmt.
Der Vater ist
Ökonomierat auf einem landwirtschaftlichen Gut am Ort, adem
Baron Freiherr von Cramer-Klett zu DienstenQ. Und er selber
wird sozusagen ain adeliger Umgebung großQ,
sein
Spielgelände ist der Schlossbuckel. Nachdem das Anwesen
anderweitig verpachtet wird, ist der Vater drei Jahre lang
arbeitslos S bis er 1 933 als Sturmführer in die SA eintritt. aDas
war halt die Zeit, ich will das nicht verschweigenQ, sagt der
Sohn,
der damals noch die Schule besucht.
Über die
Zwischenstation Prien gelangt die Familie nach Aichach, wo
Beltinger die Handelsschule absolviert, um anschließend bei
einer großen Mühle als kaufmännischer Lehrling die
Gesellenprüfung zu machen. aUnd dann kam der Krieg, ich
wurde gemustertQ, erinnert sich der rüstige Senior, dass er
sich freute, in der leichten Panzerabteilung gelandet zu sein.
aIch wollt halt lieber fahren als laufenQ meint er mit einem
Schmunzeln.
Am 1 . Oktober 1 939 hätte er eigentlich einrücken sollen. Den
Antrittstermin konnte er aber nicht wahrnehmen, denn aals
begeisterter Fußballspieler hatte ich mir beim letzten Spiel an
meinem damaligen Wohnort Augsburg mein Bein verletztQ,
wie er sagt.
Wieder einsatzbereit,
wird er mit seinen
Kumpanen (amir waren ja noch BuamQ) abkommandiert, sich
adurch den Schwarzwald zu grabenQ.
Die Aufgabe:
Kabel
verlegen für
die Fernmeldekommunikation des
Frankreichfeldzugs. Die Einberufungsformulare erhielt er nach
der Entlassung aus dem Arbeitsdienst auf der Rückfahrt im
Zug bei Pforzheim. Seine zukünftige Rolle sollte die eines
Funkers bei der Panzerjäger-Abteilung sein. Anfangs erscheint
ihm der Krieg noch nicht wirklich tragisch, aes ging alles so
leichtQ. Bis vor Moskau, awo dann nichts mehr gingQ. Es
kommt der Winter, 52 Grad Kälte setzen den jungen Rekruten
zu, die im Tiefschnee ausharren müssen. Der Filou aus Bayern
weiß sich indes zu helfen. Mit Hauptmannskäppi verkleidet,
begibt er sich auf Skiern zum Nachschublager und aergaunertQ
für sich und die Kameraden fünf Hartwürscht. Ein Festessen,
dessen wärmende Wirkung indes nicht lange vorhält. Bis zum
aKessel von StalingradQ wird er mitgetrieben, aufgerieben vom
Hunger und von Erfrierungen gezeichnet. Drei Tage vor der
Kapitulation im Raum Stalingrad sollten ihm beide Beine
unterm Knie amputiert werden. aAber ich hatte wieder mal
GlückQ,
erinnert er sich mit einem Lächeln.
Von einem
Feldwebel gefragt,
wo er denn herkomme,
antwortet er:
aMoaburgQ. Als der Spieß hört, dass der aHopfazupfaQ einen
Onkel hat,
der als Armeearzt in der Heimat tätig ist,
aschmeißt der mi regelrecht in den Flieger nei, wo eigentlich
kein Platz mehr warQ. Und so kommt der Glückspilz über
Rostov und den Lazarettzug nach Lublin schließlich nach
Schwäbisch-Gmünd. Der Onkel ist zwar nicht mehr dort, aber
er wird dennoch bestens versorgt. Dank der aguten Pflege der
Ordensschwestern, die ein Viertel Jahr lang rund um die Uhr
meine Wunden gebadet haben, hab ich nur die Zehen opfern
»Glück muss der Mensch haben«
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